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Pressemitteilungen > 2012
Zertifizierung ist nicht die Kernfrage
Es ist ein Missverständnis der Sachlage, wenn die Frage der Zertifizierung durch das Max- Planck-Institut zum Dreh- und Angelpunkt des Rechtsstreites zwischen dem BUND und der Kreisverwaltung in Siegburg in Sachen Drachenfels erhoben werden würde. Kernpunkt der Klage ist ein anderer. Am Glaskubus auf dem Drachenfels kann Vogelschlag – wie an jeder anderen Glasscheibe auch – nicht verhindert werden. Aber in diesem europäischen Schutzgebiet und in der Nachbarschaft zu hoch bedrohten Vogelarten muss Vogelschlag möglichst weitgehend verringert werden. Kein jemals entwickeltes UV-Glas war oder ist dazu in der Lage.
Es gibt inzwischen zahlreiche Testergebnisse sowohl für UV-Gläser als auch für Markierungen, die auch wir Menschen sehen. Alle bekannten Ergebnisse haben eines gemeinsam: UV-Gläser waren in der Mehrzahl der Fälle völlig unwirksam und wurden von den Vögeln nicht als Hindernis erkannt. In wenigen Einzelfällen wurden Ergebnisse jenseits der Nachweisgrenze erzielt. Einer dieser Einzelfälle war der Prototyp, auf den sich das Zertifikat des Max-Planck-Instituts bezieht. Genaue Testergebnisse nannte das Zertifikat nicht. Die besten bisher bekannten Testergebnisse von UV-Gläsern – die des Max-Planck-Instituts eingeschlossen – ergaben jedoch nur eine sehr geringe Erkennbarkeit für Vögel. Die besten Werte einzelner UV-Gläser entsprechen den schlechtesten Werten, die für sichtbare Markierungen erzielt wurden, etwa für grüne Streifen vor grünem Vegetationshintergrund. Damit ist klar, dass UV-Gläser nicht wirksam genug sind, um hinreichenden Schutz gegen Vogelschlag am Drachenfels zu bieten – unabhängig von einer "Zertifizierung".
Hintergrund 1: Testergebnisse
Seit kurzem gibt es einen in Europa und Nordamerika fachlich anerkannten Standard, um verschiedene Glas-Markierungen untereinander vergleichen zu können, wie gut sie Vogelschlag verringern können. In Österreich ist dieser Standard sogar in einer Technischen Regel (ONR 191040) niedergelegt. Untersucht wird in einem so genannten Flugtunnel. An dessen Ende sind zwei Glasscheiben nebeneinander angebracht. Auf einer davon befindet sich das zu testende Muster, die andere ist unmarkiert. Bei dem standardisierten Versuchsaufbau fällt gleichmäßiges Tageslicht auf die beiden Scheiben. Nun lässt man Vögel durch den Tunnel auf beide Scheiben zufliegen; ein davor gespanntes feines Netz fängt die Tiere vorher ab. Wird eine Markierung von den Vögeln nicht erkannt, fliegen sie zufallsverteilt zu gleichen Anteilen in Richtung beider Scheiben. Das Anflugverhältnis liegt dann bei 50:50, die Markierung ist wirkungslos. Je mehr Vögel die markierte Scheibe erkennen, desto mehr fliegen in Richtung der unmarkierten Kontrollscheibe. Das Anflugverhältnis nähert sich umso stärker an 0:100 an, je besser erkennbar die Markierung auf dem Glas ist. Sichtbare Markierungen haben bisher Werte von unter 3:97 erreicht. Die meisten getesteten UV-Gläser erwiesen sich hingegen als wirkungslos. Der beste erzielte Wert für das in Rede stehende Produkt "Ornilux mikado", der bisher bekannt ist, liegt bei 34:66. Zum Vergleich: Grüne Streifen vor grünem Vegetationshintergrund haben ein Anflugverhältnis von 24:76 erbracht.
Die österreichische Technische Regel ONR 191040 legt fest, dass von "Vogelschutzglas" erst ab einem Anflugverhältnis von 10:90 gesprochen werden kann. Keines der jemals getesteten UV-Gläser hat diesen Wert auch nur annähernd erreicht. Das vom Max-Planck-Institut im vorletzten Jahr ausgestellte Zertifikat hatte sich noch nicht an diesem Standard orientiert.
Hintergrund 2: Vorurteile
Für wirksame Markierungen müssen die Scheiben keinesfalls "zugekleistert" werden. Schon mit Bedeckungsgraden von weit unter 10 Prozent gibt es hoch wirksame Markierungen. Eine Übersicht über die in Österreich unter den fachlich anerkannten Standards getesteten Mustern befindet sich auf der Homepage der Wiener Umweltanwaltschaft unter http://wua-wien.at/home/naturschutz-und-stadtoekologie/vogelanprall/gepruefte-muster
V.i.S.d.P.:
BUND Rhein-Sieg-Kreis
Achim Baumgartner (Sprecher)
Steinkreuzstraße 14
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